Saatgut ist mittlerweile ein hart umkämpftes Naturgut, von dem einige wenige behaupten, es würde ihnen gehören. Aber das Saatgut ist die Grundlage unserer Ernährung, also steht die gesamte Menschheit in unbestreitbarer Abhängigkeit zu ihm. Das Geschäft mit dem Patent auf Pflanzen und Tiere sorgt bei vielen für Besorgnis und böse Vorahnungen.
70% des gesamten Weltmarktes für Saatgut wird von nur einer Hand voll Unternehmen geregelt. Durch die unbeherrschte Macht ihrer Lobby diktieren sie, was auf den Feldern ausgesät wird und damit auch was anschließend auf unserem Teller landet.
Für die Patentierung einzelner Pflanzenmerkmale ist das Europäische Patentamt (EPA) in München zuständig. Das Amt ist mächtig – es kann die Weichen für den Wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens stellen – und es verdient viel Geld an den Geistesblitzen der Wirtschaft. Als Serviceeinrichtung für die Industrie gegründet, um ihr den Schutz von Erfindungen zu sichern, hat das EPA alleine 2011 mit der Zulassung von Patenten 1,4 Mrd. Euro eingenommen.
Schweine, die besonders schnell dick werden, Melonen mit besonders angenehmem Geschmack oder einer bestimmten Farbe, Mais mit verbesserter Verdaulichkeit, Brokkolisorten mit Krebs vorsorgender Wirkung oder allgemein stresstolerante Pflanzen… patentieren lässt sich fast alles! Obwohl die rechtlichen Bedingungen für Patente gesetzlich vorgeschrieben sind, schaffen es die juristischen Pfadfinder der mächtigen Lobby immer wieder, unangenehme Einschränkungen zu umgehen.
In der konventionellen Züchtung von Saatgut zum Beispiel, wird das ganze Genom der Pflanze mit dem von anderen gekreuzt. Kontrollierte Auswahl und beschleunigte Ausschlussverfahren sichern – wie seit mehreren Millionen Jahren in der natürlichen Evolution auch – die Entstehung nützlicher Mutationen und dadurch neuer Sorten, die die gewünschten Eigenschaften in sich tragen.
Ein Patent ist aber eigentlich nur dafür da, eine Erfindung und nicht eine Entdeckung zu schützen. Deshalb wird laut dem Europäischen Patentabkommen der Patentschutz nicht erteilt für Pflanzensorten oder Tierrassen, sowie im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen und Tieren, da man diese so gesehen nicht neu erfinden kann. Doch wo liegt die Grenze vom im Wesentlichen und wer bestimmt oder kontrolliert sie?
Trotz des Abkommens wurden in den letzten 10 Jahren rund 100 Patente auf Pflanzen ausgegeben, deren besondere Werte durch ganz konventionelle Züchtungsweise erlangt wurden. Selbst die Idee, eine (dafür geeignete) Tomate einfach länger am Strauch hängen zu lassen, damit der Restwassergehalt aus ihr schwindet und sie sich besonders gut für die Herstellung von Ketchup eignet, hat 2003 einen Patentschutz bekommen – das Ergebnis nennt sich schlicht Schrumpeltomate, Patentinhaber ist das Landwirtschaftsministerium von Israel.
Nächster Teil: Das Risiko am Geschäft mit der Patentierung von Pflanzen und Tieren
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